Beratung des bbw Bildungsbeirats: Mit Blick auf 2021
In diesem Jahr fand das Treffen des Herbst-Bildungsbeirats in doppelter Hinsicht in bewegten Zeiten statt - zwischen zwei Pandemiewellen und am Beginn eines personellen Wechsels, an der Spitze des bbw. So wurde an diesem 8. Oktober 2020 nicht nur, wie sonst, über aktuelle Arbeitsmarktentwicklungen, Bildungstrends und die Erwartungen der regionalen Wirtschaft an die bbw Angebote für die Fachkräftesicherung diskutiert. Es wurden auch die zwei neuen bbw Geschäftsführer, Dr. Sascha J. Flemnitz und Alexander Schirp, in diesem Kreis begrüßt und der seit 29 Jahren im bbw tätige Geschäftsführer, Dr. Andreas Forner, würdevoll aus dem Gremium verabschiedet. Der bbw Seminar- und Lehrgangsbereich stellten ihre neuen Programme für 2021 vor.
Der bbw Bildungsbeirat tagt zwei Mal im Jahr im Berliner Haus der Wirtschaft. Hier kommen im Frühjahr und Herbst traditionell bbw GeschäftsführerInnnen und die Programmplaner für Unternehmensangebote mit führenden Wirtschaftsvertretern der Region zusammen. Das Ziel ist, bevor die Unternehmen ihre Personalentwicklung für das kommende Halbjahr planen, das bbw Bildungsangebot dafür vorzustellen. Darin umgesetzt sind die Ergebnisse der Analysen, Diskussionen und Empfehlungen aus dem vorangegangenen Treffen. Gleichzeitig nimmt der Kreis die bevorstehenden Herausforderungen in den Blick, um zukünftig passfähige bbw Seminare und Lehrgänge für Berufstätige planen zu können.
Zusammenfassender Bericht von der Veranstaltung:
Der bbw Bildungsbeirat steht seit 2009 für die ganz besondere Unternehmensnähe.
bbw Geschäftsführer Dr. Andreas Forner würdigte ihn deshalb gleich zu Beginn, als er die Mitglieder zum letzten Mal als Moderator der Runde begrüßte. Dieser bbw Bildungsbeirat sei ein Teil der DNA des Bildungswerks der Wirtschaft in Berlin und Brandenburg. "Er ist etwas Einmaliges, das kein anderes Bildungswerk hat." Und mit Blick auf die TeilnehmerInnen, die regelmäßig zahlreich dabei sind und immer eine lebhafte, produktive Diskussion führen, sagte er: "Es ist das Beste, was das bbw an Nähe zu den Unternehmen in unserer Region hat."
Teil der Beratungen des bbw Bildungsbeirats ist ein bbw Lagebericht. Er schilderte dem Gremium in diesem Jahr die besonderen coronabedingten Herausforderungen für das bbw und die Ergebnisse der Arbeit der zurückliegenden Monate. Dr. Forner informierte über ein betriebswirtschaftlich verhältnismäßig gutes erstes Halbjahr, mit großem digitalem Kompetenzzuwachs unter Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, TeilnehmerInnen, SchülerInnen und StudentInnen, die die neue Lehr- und Lernsituation schnell angenommen haben. Er berichtete darüber, dass das bbw durch den Einreisestopp unserer Ausbilder am bbw VES in China schon von der Pandemie betroffen war, bevor sie in Deutschland ankam. Die ersten, die hier in der Hauptstadtregion auf 100% Online-Unterricht umstellen konnten, waren die bbw Hochschule und die Beruflichen Privatschulen. Mit viel Engagement im bbw und bei seinen Partnern von der Arbeitsagentur, über Jobcenter, Rentenversicherungsträger bis zum BAMF konnten auch die öffentlich geförderten Bereiche nach und nach den Unterricht z.B. auf die bbw Lernplattform verlegen und verschiedene virtuelle Lernformate einsetzen. Schwierig war das aufgrund von fehlender technischer Ausstattung allerdings im Bereich der Sprachkurse. Hier musste während des Lockdowns im Frühjahr der Unterricht weitestgehend heruntergefahren werden. Insgesamt, so Dr. Forner, sei es in den vergangenen Monaten aber gut gelungen, den Lehrbetrieb an die Bedingungen anzupassen und ihn mit umfassendem Hygiene-, Abstands- und Raumkonzept in allen Häusern nach und nach wieder hochzufahren. Mit Blick auf das zweite Halbjahr 2020 sagte er: Auch, wenn es Abstriche gebe, starte z.B. die bbw Hochschule in das neue Wintersemester mit guten Anmeldezahlen. Auch die beruflichen Privatschulen haben einen guten Anmeldestand. Es konnten wichtige strategische Projekte wie das Umschulungsprojekt JET- Junge Erwachsene in Technische Berufe gemeinsam mit Siemens und ABB starten. Das Fachkraft-Optik-Projekt mit der REWE-Penny-Group wurden begonnen, Seminare und Lehrgänge, Coachingausbildung, Fortbildungen und Sprachkurse sind wieder angelaufen. Wichtig für das kommende Jahr sei es, wie die einzelnen Produktgruppen aus dem Jahr herauskämen. Deshalb hat das bbw optimistisch geplant. Grundlage dafür ist die gute Erfahrung, dass die Umstellung auf den Online-Lehrbetrieb - trotz Homeoffice und vieler Einschränkungen, der für das Bildungsgeschäft so wichtigen persönlichen Kontakte - schon beim ersten Anlauf gelungen ist. Sollte ein zweiter nötig sein, ließe sich darauf aufbauen.
Bernd Becking, Vorsitzender der Geschäftsführung der BA-Regionaldirektion Berlin-Brandenburg gab im Anschluss einen sehr anschaulichen, faktenreichen Statusbericht der Agentur für Arbeit. Trotz einiger Einbrüche in ausgewählten Branchen wie dem Veranstaltungs- und Event-Bereich und der Gastronomie und darüber hinaus in vielen Branchen im Hilfsarbeitersegment im ersten Halbjahr, gab er bereits für die zurückliegenden zwei Monate eine insgesamt über den Erwartungen liegende positive Einschätzung für den regionalen Arbeits- und Ausbildungsmarkt ab. Er betrachtete die Auswirkungen der Pandemie auf einzelne Branchen, Regionen und Qualifikationsniveaus und bewertete die Stärken und Schwächen einzelner Maßnahmen und Instrumenten wie Kurzarbeitergeld. Im Ganzen seien sie darauf ausgerichtet gewesen, die Chancen der Unternehmen eine schnelle Rückkehr zu geregelten Arbeitsprozessen zu erhöhen. Die Arbeitsagentur habe sich mit aller Kraft auf die Leistungsgewährung (ALG I und II sowie die Auszahlung von Kurzarbeitergeld) konzentriert, damit durch die Einschränkungen im Kundenbetrieb keine Notlagen entstehen. Dafür mussten die MitarbeiterInnen die Aufgabe der Arbeitsvermittlung zeitweise zurückfahren. Seine Behörde habe, um ihre Aufgaben bewältigen zu können, den Gesundheitsschutz der Teams als Priorität ganz oben auf die Liste gesetzt. Es seien Möglichkeiten geschaffen worden, dass sämtliche Anträge inzwischen digital gestellt werden können und Unternehmen, auch Bildungsunternehmen Zugang zu Entscheidern über Unterstützungsmaßnahmen bekamen.
Angesichts einer zu erwartenden neuen Pandemiewelle müsse sich die Agentur für Arbeit auf einen Jahreswechsel mit vielen Insolvenzen vorbereiten. Die Krise bedeute weiterhin, dass nicht nur besonders viele Selbstständige und FreiberuflerInnen sondern auch Start-ups bedroht seien. Hier besteht die Gefahr, dass die Jugendarbeitslosigkeit weiter ansteigen könnte. Den junge Arbeitnehmer, die zuletzt gekommen sind, würden leider auch zuerst wieder entlassen oder gar nicht mehr eingestellt. Auch junge Erwachsene ohne Berufsausbildung seien stark betroffen. Hier sei ein wichtiger Ansatz für Bildungsunternehmen, sich jetzt mit Weiterbildungen auf die Kompetenzprofile zu stützen, die in den sich verändernden Arbeitswelten gebraucht werden: Und zwar fachlich und im persönlichen Bereich - vor allem in Hinblick auf Lernbereitschaft und die Fähigkeit über Ambiguitätstolleranz mit unsicheren Situationen umgehen zu lernen. Mit einem optimistischen Blick auf gemeinsames Handeln aller wichtigen Akteure des Arbeits- und Ausbildungsmarktes gelte es jetzt, gemeinsam die Chancen für einen schnellen Wiedereintritt derer in den Arbeitsmarkt zu erhöhen, die jetzt auf der Suche nach geeigneten Stellen seien. Bernd Becking machte dabei auf den Fakt aufmerksam, dass rund zwei Drittel der von Arbeitslosigkeit betroffenen Menschen danach in andere Berufe wechselten. Diese Wechsel zu befördern, haben die Bildungseinrichtugen wie das bbw viele Möglichkeiten. Arbeitsagentur-Kunden mit einem oder mehreren Wechseln in der Erwerbsbiografie hätten bessere Chancen neue Jobs zu finden.
Die Gedanken griff die Diskussion anschließend auf. Der
Kaufmännische Leiter von Frisch & Faust Tiefbau, Dieter Mießen, betonte die Notwendigkeit jetzt die duale Berufsausbildung zu stärken und auf eine bessere Berufsorientierung der SchülerInnen zu setzen. Um sie voranzubringen gäbe es ein neues Instrument AsA-Flex. Damit könnte die Assistierte Ausbildung mit zusätzlichem Nachhilfeunterricht und weiteren Hilfen für junge Leute wesentlich dazu beitragen, die Ausbildungsfähigkeit zu erhöhen.
Für die Stärkung der Berufsausbildung konnte der bbw Seminarbereich in seiner Präsentation des Programms für 2021 eine ganze Reihe von Angeboten vorstellen - die sich einerseits an RekruiterInnen, an AusbildungskoordinatorInnen, aber auch an AusbilderInnen und TrainerInnen direkt wenden. Darin geht es, so
Sandra Rehbein, bbw Vertriebsreferentin für Training und Coching, um geeignete Methoden, junge Leute für die Berufsausbildung zu begeistern, aber vor allem um die Kompetenzerweiterung im Hinblick auf neue didaktische Konzepte für digitales und praktisches Lernen. Es gibt auch eine große Anzahl von Seminaren für Führungskräfte, die indirekt wichtige Effekte für die Steigerung von Ausbildungserfolgen haben - so die Angebote zur Teambildung, Diversity, Führungsstärke, Konfliktfähigkeit etc. bis hin zum Coaching bzw. zur Ausbildung von Führungskräften zu Coachs und Mediatoren... bbw Seminar- und Lehrgangsbereich zeigten in ihrer Präsentation die Breite Ihrer sowohl klassischen als auch digitalen und hybriden bzw. Blended Learning-Weiterbildungsangebote. Beide Bereiche stellen sich auf eine stärkere Online-Nachfrage ein. Sie setzen aber langfristig trotzdem auf Präsenzseminare und Präsenzlehrgänge mit ergänzendem Online-Lernen, weil sie von den besseren Lernerfolgen im direkten Kontakt in kleinen Lerngruppen überzeugt sind.
Jutta Wiedemann, Abeilungsleiterin Betriebliche Personalpolitik und Fachkräftesicherung bei den Unternehmensverbänden Berlin-Brandenburg sieht den Trend für künftiges Arbeiten laut einer UVB-Umfrage in mobilem Arbeiten, was wie die Ergonomie dieser "neuen Arbeitsplätze" für viele Unternehmen ein wichtiges Thema ist. Wegen der flexibleren Arbeitsprozesse orientieren sich offenbar viele Firmen aktuell auch auf hybride Lernformate.
Auch
Frank Strathus, Senior Managing Partner des Institute for Leadership Dynamics gibt den ProgrammentwicklerInnen des bbw die Rückmeldung aus seinem Erfahrungsbereich: "Wir müssen die Lernsequenzen verkürzen und mehr online machen." Selbst Coaching sei online möglich. Allerdings ist auch zu berücksichtigen, dass die Technik oft nicht ausreiche. Konflikte und Kommunikationsstörungen sind online wesentlich schwer wahrzunehmen und einzufangen. Darauf müssten sich Bildungsangebote und DozentInnen einstellen und geschult werden. Das erfordert eine hohe Qualifikation der Lehrkräfte und eine hohe Flexibilität des bbw.
Der Chef der Regionaldirektion der Arbeitsagentur machte in dem Zusammenhang auf neue Selbsterkundungstools aufmerksam, mit denen derzeit junge Leute ihre Kompetenzprofile digital ermitteln und bewerten lassen könnten, um sich auf passende Berufe zu orientieren. Auch er orientierte das bbw auf kleinere Formate für eine bessere Interaktion mit den Lernenden.
Zum Abschluss des bbw Bildungsbeirats-Treffens wurde Dr. Andreas Forner vom bbw Vorstandsvorsitzenden Stefan Schönholz mit einer persönlichen und sehr wertschätzenden Rede, Blumen und den besten Wünschen aus dem Gremium in den Ruhestand verabschiedet.