Neujahrsempfang der UVB im Haus der Wirtschaft Frankfurt (Oder)
Wie in den vergangenen Jahren trafen sich auch dieses Mal die Wirtschaftsvertreter von Unternehmen, Verbänden, Institutionen, Netzwerken und Projekten aus der deutsch-polnischen Wirtschaftsregion (EUROREGION) zum Neujahrsempfang der Unternehmensverbände Berlin-Brandenburg (UVB) im Haus der Wirtschaft Frankfurt (Oder). Hier blickte man gemeinsam auf das vergangene Jahr zurück, aber vor allem nach vorn, auf das kommende Jahr. Eine der großen Herausforderungen wird es sein, Fachkräfte für die Region zu gewinnen und zu halten. Dazu unterbreitete das bbw den Vorschlag zum Aufbau eines Betrieblichen Trainingszentrums.
Insofern konnte der
Geschäftsführer des bbw Ostbrandenburg, Jürgen Weiß, mit seinem Bericht über die Anstrengungen des bbw, über Ideen und Projekte für wirtschaftsnahe Aus- und Weiterbildung Antworten auf viele Fragen geben. Das bbw in Frankfurt (Oder), Seelow und Strausberg sei nach der nunmehr
3-jähriger Umstrukturierung und Konsolidierung mit einem seitdem verjüngten Mitarbeiterstamm, dem
Ausbau der Standorte, vor allem in Wriezen und Bad Freienwalde und einem modifizierten Angebot auf diese Herausforderungen eingestellt und gerüstet. Nach gewonnenen Ausschreibungen konnten geförderte Weiterbildungen erfolgreich durchgeführt und die
Zusammenarbeit mit der Arbeitsagentur, dem Jobcenter, den Kammern und Verbänden intensiviert werden.
In 2016 seien deutlich weniger Geflüchtete in Ostbrandenburg angekommen, als 2015, deshalb habe sich das bbw Bildungszentrum Ostbrandenburg der
Integration von Flüchtlingen gewidmet. Wriezen hätte als erster von 35 bbw Standorten einen Willkommenskurs angeboten, dem seien sehr schnell weitere, dann Integrationskurse in Strausberg, Seelow und Frankfurt (Oder) angeboten worden. Strausberg und Wriezen konnten sich auch erfolgreich an den Ausschreibungen zum berufsorientierenden
Projekt "Perspektive für Flüchtlinge (PerF) beteiligen. Hier wurden Eignungsfeststellungen und Sprachförderung und Praktika realisiert, die den Flüchtlingen eine erste Orientierung auf den deutschen Arbeitsmarkt und dem bbw ein
neues Geschäftsfeld erschlossen haben. Daneben sei ein wichtiges Teilprojekt des
IQ-Netzwerks Brandenburg beim bbw in Frankfurt (Oder) angesiedelt, das durch Anerkennungs- und Qualifizierungsberatung sowie Schulung von interkultureller Kompetenz und Werbung für mehr Vielfalt und kulturelle Öffnung ebenfalls daran arbeite die Arbeitsmarktchancen von Migranten zu verbessern. Außerdem wurde das Projekt
MobiPro-EU im vergangenen Jahr zur Erfolgsgeschichte, über das 15 polnische und spanische Jugendliche für eine Ausbildung in ostbrandenburgischen Betrieben gewonnen werden konnten. Alle lernen inzwischen einen Beruf, in dem es den Firmen ansonsten nicht möglich gewesen wäre, ihre Ausbildungsplätze zu besetzen. "Die positive Resonanz, die dieses Projekt und seine Azubis bei unseren Verbundausbildungsunternehmen hervorgerufen haben, hat uns sehr gefreut." Sie seien Teil der mehr 50 Jugendlichen, die im Sommer 2016 in unsere
Verbundausbildung gestartet sind, erklärt der Geschäftsführer des bbw. Insgesamt "war uns wichtig, dass wir die Fort-,
Aus- und Weiterbildung von einheimischen Jugendlichen, Arbeitsuchenden nicht vernachlässigt haben", sagte Jürgen Weiß und ergänzte in Bezug auf die Angebote für Unternehmen, dass das bbw hier noch Entwicklungspotential sehe.
Weil viele Unternehmen über die mangelnde Eignung von Jugendlichen für die Ausbildung klagen. Um dem zu begegnen, "sollten Eignungsfeststellungen, die Empfehlung für einen bestimmten Beruf und eine stärkere Begleitung der Jugendlichen durch das bbw ..." auf dem Weg zum Ausbildungsplatz und die erste Zeit danach "...richtig sein. Wenn nötig könnte hier auch eine Nachqualifizierung stattfinden. Um das für Firmen unkomplizierter zu ermöglichen, "ist der
Aufbau eines Betrieblichen Trainingszentrums in Planung, das die Berufsfähigkeit künftiger Fachkräfte (wieder-)herstellen soll. In diesem Betrieblichen Trainingszentrum gehe es darum, neben der beruflichen Orientierung bei Bedarf die psychische Stabilität der Teilnehmer/-innen zu festigen, die Fähigkeiten zu steigern, alltägliche Lebenssituationen im Berufsleben zu steigern, Belastbarkeit und Leistungsfähigkeit zu stärken und die nötigen beruflichen Fähigkeiten und Fertigkeiten für passende Berufe zu entwickeln und auszubauen.
Anders als in Ostbrandenburg, wo Unternehmen und bbw für die Besetzung jedes einzelnen betrieblichen Ausbildungsplatzes kreativ werden müssten, sei das in China komplett anders. Dort sind ist das bbw Bildungswerk der Wirtschaft mit seiner
Tochtergesellschaft bbw VES bereits an acht Standorten als Ausbildungsexperte etabliert und sowohl bei europäischen Firmen, als auch den chinesischen Institutionen zur Wirtschaftsförderung hoch angesehen. Dort praktiziert das bbw das erfolgreiche Modell der
dualen Ausbildung in Metall- und Elektroberufen mit großem Zulauf an Bewerbern.
In Vertretung des OB von Frankfurt (Oder) sprach
Mario Quast von der Wirtschaftsförderung der Stadt. Auch er sah
in der EUROREGION viele positive wirtschaftliche Entwicklungen. Gerade am Tag des Neujahrsempfangs sei das erste gemeinsame deutsch-polnische Tourismuskonzept in Slubice verabschiedet worden. Mit einem
Plädoyer für Weltoffenheit und interkulturellen Austausch, so wie er in der Region bereits seit vielen Jahren gelebt würde, bedankte er sich bei den Unternehmen der Region. Veranstaltungen wie das internationale Kinderfest für deutsche, polnische und Flüchtlingskinder im Rahmen des "Lebendigen Adventskalenders", an dem sich in diesem Jahr auch das bbw beteiligt habe, seien "ein schönes Erlebnis und ein wichtiges Engagement, das nicht selbstverständlich ist", sagte Mario Quast. Er sehe für die Zukunft die wichtigste Aufgabe darin, die Wirtschaftsförderung umzubauen: "Sie muss näher ran an die Unternehmen." Dafür stellte er fünf Schritte vor. So ist neben den großen Aufgaben der
Digitalisierung u.a. geplant, dass Unternehmen wieder einen individuellen Ansprech-Partner in der Wirtschaftsförderung haben: "Die 5.000 Stammunternehmen haben einen Anspruch darauf, ihre Probleme und Ideen direkt an den Mann zu bringen." Auch die Wirtschaftsförderung der Stadt Frankfurt (Oder) sieht in der
Fachkräftesicherung eine der größten Herausforderungen für die Zukunft. Hier gebe es schon viele gute Beispiele von Zuschüssen zum Benzingeld für Azubis bis hin zur Nutzung von Dienstwagen. Mario Quast verwies zu diesem Thema noch einmal auf die gemeinsame Verantwortung: "Junge Fachkräfte von morgen können wir nur halten, wenn sie sich wohlfühlen. Dafür können wir als Stadt einen Beitrag leisten und dafür leisten Sie als Firmen einen wichtigen Beitrag. Das ist gut."
Als letzter sprach Gastgeber
UVB-Geschäftsführer der Bezirksgruppe Cottbus/ Frankfurt (Oder), Eberhard Tomsche von der UVB Geschäftsstelle Frankfurt (Oder). Auch er sah das vergangene als Jahr, das "geprägt war von großen Ereignissen". Seitdem "erleben wir, dass die Welt nicht mehr in so geordneten Bahnen verläuft". Dennoch, so fasste er zusammen, könne Brandenburg und auch Ostbrandenburg einen zuversichtlichen Blick auf die Wirtschaft und die Zukunft richten. Während Brandenburg in 2016 ein sehr
stabiles Wirtschaftswachstum von 1,4 % vorweisen konnte, werde ein ähnliches auch in diesem Jahr erwartet. Die Region sei bundesweit betrachtet sogar am drittschnellsten gewachsen. Das zeige sich in den
Arbeitslosenzahlen, die unter 100.000 liege und auch daran, dass Brandenburgs Unternehmen mehr als 6.000 neue Stelle geschaffen hätten. "Das ist nicht nur der Nachweis für eine positive Entwicklung, daran zeigt sich auch das Zutrauen der Unternehmen in die Region und die Zukunft", sagte er. Parallel dazu seien aber auch 1.800 Ausbildungsstellen im Land frei geblieben. Und das, obwohl sich schon viele Unternehmen etwas Besonderes einfallen ließen, um junge Mensch für die Ausbildung und als Fachkräfte zu gewinnen und zu halten, obwohl die
duale Ausbildung ein Markenzeichen für Deutschland sei und, anknüpfend an seinen Vorredner vom bbw Ostbrandenburg, "wir, wie Herr Weiß eben berichtete, duale Ausbildung sogar exportieren." Weil sich durch den Strukturwandel in der Region und die Digitalisierung auch Chancen ergäben, die den Landstrich noch attraktiver machen würden, freute er sich sehr über die Zusage des Verbandes der Metall- und Elektroindustrie (VME), den großen Info-Truck im Frühjahr für zwei Tage in Ostbrandenburg zu haben. Der
VME-Truck wird am
6. und 7. April vor dem Haus der Wirtschaft stehen. "Das ist ein echter Monstertruck. Davon gibt es nur 14 in ganz Deutschland, er ist also eine echte Attraktion. Hier werden die Jugendlichen digital über Berufsbilder der metallverarbeitenden Industrie informiert." Sie könnten jede Frage zu den Berufsbildern stellen und sich selbst ausprobieren. Über das Programm VME-Starter würden auch Geflüchtete und Migranten angesprochen, mit dem Ziel sie beruflich zu orientieren und so über Ausbildung und Jobs die berufliche Integration zu ermöglichen.