Wie können Unternehmen die Arbeitnehmerfreizügigkeit für sich nutzen?

Arbeitnehmerfreizügigkeit in der EU

Seit Mai 2011 können Ausländer aus bestimmten EU-Ländern in Deutschland ohne Arbeitserlaubnis arbeiten. Die volle Arbeitnehmerfreizügigkeit, wie der Beitrittsvertrag diese Vereinbarung nennt, galt bis 2013 für die so sogenannten EU-8-Staaten, das waren jene Staaten, die der EU im Jahr 2004 beigetreten waren. Die Beitrittsstaaten dieses Jahres waren Ungarn, Polen, Tschechien, Slowenien, die Slowakei, Lettland, Litauen und Estland. Bulgarien und Rumänien sind der EU erst 2007 beigetreten und gehörten nicht zu dieser Gruppe, erhielten aber im Januar 2014 denselben Status. Bulgaren und Rumänen können die Arbeitnehmerfreizügigkeit also seitdem ebenfalls für sich nutzen und infolgedessen ebenfalls im Rahmen eines direkten Arbeitnehmerverhältnisses zu einer deutschen Firma stehen.

Die Regelungen zur Arbeitnehmerfreizügigkeit erstrecken sich im übrigen zu großen Teilen auch auf die Ausbildung von EU-Ausländern. Angesichts der Tatsache, dass deutsche Unternehmen für viele Berufe kaum noch Azubis finden, ist das durchaus relevant. Es ist mittlerweile Normalität, dass deutsche Unternehmensvertreter durch Länder wie Spanien auf der Suche nach Auszubildenden "pilgern". Das bbw selber bietet seinen Unternehmenspartnern einen entsprechenden Service an; das Projekt MobiPro-EU begleitet gut vorbereitete Jugendliche aus Spanien und Italien auf ihrem Ausbildungsweg zum/-r Hotelfachmann/-frau, Restaurantfachmann/-frau oder Koch/Köchin in Berliner Unternehmen.

Für ausländische Arbeitnehmer können Unternehmen dieselben Fördermöglichkeiten in Anspruch nehmen wie für inländische Arbeitnehmer, sprich die Förderinstrumente zur Arbeitmarktintegration nach dem SGB III. Auf der anderen Seite müssen sie auch dieselben Gesetze und Regelungen wie bei deutschen Arbeitnehmern beachten, also hinsichtlich Mindestlohn, Überstundenzuschlägen, Mindesturlaub, betrieblichen Zusatzleistungen etc. Dem deutschen System unterliegen EU-8-Arbeitnehmer auch in bezug auf das Sozialversicherungssystem. Selbst Menschen, die im EU-8-Ausland wohnen (z.B. Polen) und in Deutschland arbeiten (sogenannte Grenzgänger) werden in der Regel vom deutschen Sozialversicherungssystem erfasst.

Die Regelungen zur Arbeitnehmerfreizügigkeit kennen jedoch auch viele Spezialfälle und Ausnahmen, angefangen von Sonderregelungen beim Sozialversicherungssystem bis hin zur gewerblichen Arbeitnehmerüberlassung durch ausländische Verleiher, wenn etwa polnische Bauarbeiter von einer polnischen Leiharbeitsfirma nach Deutschland geschickt werden, um hier zu arbeiten. Gerade Unternehmen in Berlin und Brandenburg, die wegen der geografischen Nähe zu den östlichen Nachbarn Deutschlands von den neuen EU-Ausländern profitieren können, sind gut beraten, sich zum Thema Arbeitnehmerfreizügigkeit genauer zu informieren.

Seminartipp:

08.10.15 - Arbeitnehmerfreizügigkeit in der Europäischen Union - Haus der Wirtschaft, Berlin-Charlottenburg